Sabine Groschup FilmInnsbruck – Als John Cage zu einem seiner 1985 komponierten Stücke die Spielanleitung „so langsam wie möglich, nur ein Hauch“ schrieb, hatte er wohl nicht zu träumen gewagt, dass eine Aufführung dieses Stücks einmal auf 639 Jahre angelegt sein wird. Wie dies derzeit im ostdeutschen Halberstadt passiert, in dessen romanischer Burchardikirche das Werk, das bei seiner Uraufführung ganze 29 Minuten dauerte, nun seit 5. September 2001 (dem 89. Geburtstag Cages) permanent auf einer speziell präparierten Orgel gespielt wird. Fast zwei Jahre lang war dabei nur der Wind aus dem Blasebalg zu hören, 2003 erklangen die ersten Orgelpfeifen, 2013 fand der 13. Klangwechsel statt, am 5. September 2020 der nächste. Um die auf diese Weise zelebrierte Ausdehnung des Komponierten zu begreifen, hilft vielleicht die Vorstellung, dass die Partitur so 47.999 Kilometer lang würde.

Fasziniert von diesem im wahrsten Sinn ver-rückten Umgang mit dem Bewusstmachen von Zeit hat die in Wien lebende Tiroler Medienkünstlerin Sabine Groschup ihr gesamtkunstwerklich angelegtes und nun im Tiroler Landesmuseum präsentiertes Projekt (JC{639})1/2 EDITION ETC entwickelt. Basierend auf einem Experimentalfilm, der sich aus 89 Szenen, die mit dem Ort bzw. den Menschen rund um dieses außergewöhnliche Projekt zu tun haben, zusammensetzt, welche per Zufallsgenerator immer wieder neu gemischt werden. Von den 89 geplanten Varianten sind inzwischen 45 entstanden und als Installation auf 45 am Boden der Studiogalerie stehenden Monitoren zu sehen und eine davon auch zu hören.

An sie herangeführt wird der Besucher über 45 am Boden liegende Teppichfliesen, umhängt werden sie von einem von Groschup eigenhändig gestickten Stückchen der bisher aufgeführten Cage-Partitur bzw. von zum Film gehörenden Ziehungsprotokollen und Clip-Karten.“

Aufführungsort

Burchardikirche
Am Kloster 1
38820 Halberstadt